Donnerstag, 31. Juli 2008

Zur Lage der Nation

Nachdem ich es letztes Jahr versäumt hatte, den neuen Medien in ihrer Reichweite und Relevanz zu vertrauen und stattdessen meine Rede in Bosco Gurin (deutsch sprechende Minderheit-Gemeinde im italienischsprachigen Teil der Schweiz) klassisch unter Raketenfeuer und Ausschluss der Öffentlichkeit hielt, wage ich heuer den Schritt und wende mich auf diesem Wege zu Ihnen, liebe Leserinnen und Leser werte Mitarbeiter dieses Blogs. 

Ohne Zweifel eine Première: Es handelt sich hierbei um die erste 1. August Rede eines CEO's eines minder erfolgreichen Start Up Unternehmens schweizweit, wenn nicht weltweit, welche je per Blog erfolgte. 

Liebe Leserinnen und Leser, werte Mitarbeiter

Fühlen Sie sich wohl in unserem Land? Fühlen Sie sich heimisch, verwurzelt, willkommen geheissen? Grüezi, händ si's guat?

Eine schwierige Frage, dessen bin ich mir bewusst. Was sind das auch für Zeiten, die wir durchleben?
Zeiten, in denen das Rückgrat unserer Landesverteidigung kopflos dasteht, wenn nicht gar gebrochen. In denen die Jugend sich ins Koma säuft, raubt und vergewaltigt. Eine Zeit, in der Lybien seine Landsleute vor Reisen in die Schweiz warnt. 

Immerhin scheinen unsere Bauern zu den Gewinnern zu gehören.

Was ist das für eine Zeit, in der Minarette und Sozialausgaben in den Himmel schiessen? In der unsere Nationalmannschaft an einer Heim-EM kläglich scheitert und Beni National sowieso. Eine Zeit, in der das Playmate Andrea Vetsch beschimpft, bedroht und an den Pranger gestellt wird, weil sie ein Offroadmobil ihr Eigen nennt. 

Geben Sie es zu, meine Damen und Herren, Sie fürchten sich. Sie haben Angst, ihre Stelle an den nächst besten Deutschen zu verlieren. Angst davor, dass der Ölpreis weiter steigt. Die Furcht, zu dick oder zu dünn zu sein, zu viel zu rauchen und zu trinken. Und die vielen gesättigten Fettsäuren machen das Geniessen auch nicht einfach. 

Zum Glück boomt die Überwachungsindustrie. Zum Glück kennen unsere geistigen und politischen Führer den Weg aus der Misere. 

Diese Angst, werte Leserinnen und Leser, kotzt mich an. Entschuldigen Sie meine Ausdrucksweise. 
Ich habe eine Bitte an Sie, liebe Bewohner dieses Landes. Fragen Sie sich, wann Sie das letzte mal von einem Jugendlichen ausgeraubt wurden. Zählen Sie all die Minarette, die um Sie herum gebaut werden. Erinnern Sie sich an drei sinnvolle Einsätze unserer Armee innerhalb der letzten 30 Jahren? Und die vielen Terroranschläge, die von strammen Beamten aufgrund abgehörter Telefonate verhindert wurden? 

Diese unsägliche Angst, meine Damen und Herren, lähmt dieses Land. Was macht der Nachbar da? Er tötet doch nicht meine Kätzchen? 

Ich rufe dazu auf, Ihre geschürten Ängste über Bord zu werfen und mit Leben zu beginnen. Laden Sie Ihre Nachbarn zu Käs und Wurst ein. Grüssen Sie die grantige Frau Bissegger aus dem zweiten Stock. Entspannen Sie sich und verharren Sie nicht in Ihrer Angst um die Schweiz und Ihre eigene Existenz. 

Die Schweiz, dieses Neutrum von Staat verdient Bewohner, die eine adäquate Gleichgültigkeit ausstrahlen, so hoffe ich würde Sloterdijk es nennen. Seien Sie freundlich, ohne tief im Arsch zu verschwinden, seien Sie engagiert, ohne von Angst geleitet zu sein und seien Sie gleichgültig, diesen Ängsten gegenüber. 

Und leben Sie so, als ob die Erde in 50 Monaten verschwinden würde, in den weiten des Alls.

So, nun trinken und essen Sie genug, vergessen meine Worte und feiern Sie, was Sie schon immer mal feiern wollten.

Ihr

CEO 

Gottlob Bissig




5 Kommentare:

  1. die beste 1. august-rede, die ich je gelesen habe. godi for president!

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  2. Dein Wort in Schweizers Ohren! Genial!

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  3. Auch drei Jahre nach dieser 1.-August-Rede noch immer topaktuell und herrlich zu lesen.

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