Melinda Nadj Abonji. Ich muss gestehen, dass ich diesen Namen bis vor wenigen Minuten nicht gekannt habe. Doch dann hat mir der F.A.Z.-Stiltest (Er analysiert Ihre Texte und stellt unbestechlich die Diagnose.) mitgeteilt, dass ich schreibe wie eine gewisse Melinda Nadj Abonji. Und als ich dann recherchierte, wer diese Melinda Nadj Abonji ist, las ich folgendes:
Wenn sie diese Sprache durchhält, denkt man sich nach dem ersten Satz, der auch der erste Absatz ist, wenn sie das schafft, dann kann eigentlich nichts mehr schiefgehen. Und weil er so schön ist, sei dieser erste Satz aus „Tauben fliegen auf“ vollständig zitiert: „Als wir nun endlich mit unserem amerikanischen Wagen einfahren, einem tiefbraunen Chevrolet, schokoladenfarben, könnte man sagen, brennt die Sonne unbarmherzig auf die Kleinstadt, hat die Sonne die Schatten der Häuser und Bäume beinahe restlos aufgefressen, zur Mittagszeit also fahren wir ein, recken unsere Hälse, um zu sehen, ob alles noch da ist, ob alles noch so ist wie im letzten Sommer.“Was für ein schönes Kompliment, wenn die Frankfurter Allgemeine Zeitung, eines der angesehensten Blätter im deutschsprachigen Raum, mir mitteilt, ich schreibe wie eine Buchpreisträgerin. Als ich dann weiter recherchierte, fielen mir Parallelen in unserer Biografie auf. Nadj Abonji stammt aus der selben serbischen Kleinstadt, in der sich vor über drei Jahrzehnten meine Eltern kennenlernten und heirateten. Auch sie ist in der Schweiz aufgewachsen und lebt in Zürich. Ich war verblüfft. Doch dann begann ich an der Textanalyse zu zweifeln. Ist eine Maschine wirklich fähig, mittels eines Algorithmus den Schreibstil eines Laien demjenigen eines grossen Autors zuzuordnen? Ich testete die Maschine. Einen weiteren Text von mir liess ich analysieren; wieder "Sie schreiben wie Melinda Nadj Abonji." Bei allen weiteren versuchen mit verschiedensten Texten aus meiner Feder immer wieder das selbe Ergebnis. Weiter testete ich den Algorithmus indem ich oben zitierten Text von Melinda Nadj Abonji ins Suchfeld eingab, die Maschine fiel aber auf diese Falle nicht rein und wies den Stil korrekt zu.
Melinda Nadj Abonji
Ich schreibe offenbar sehr vielseitig. Manchmal wird mir der Schreibstil Melinda Nadj Abonjis zugewiesen, andermal schreibe ich wie Uwe Johnson. Und einer meiner Texte trägt die Handschrift Peter Handkes. Zu ihm ein passendes Zitat:
AntwortenLöschen«Der Leser Peter Handkes, der sich mit der sterilen Trennung von Werk und Person nicht abfinden will, ist ein im doppelten Sinne passionierter. Hingerissen von seiner Poesie der Sichtbarkeit, der kristallinen Vermittlung von Empfindung und Beschreibung, leidet er umso mehr an den widersprüchlichen politischen Äußerungen und cholerischen Tiraden des öffentlichen Autors. Handkes stets wiederholtes Lob des Irrens und Irregehens hilft ihm so wenig wie die mehr oder weniger ironischen Selbstbeschimpfungen des "abgedankten Autors", wie sie zuletzt in "Die morawische Nacht" (2008) zu lesen waren.»